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Fahrradtour - Colbitzer Forstorte

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Bild zur Meldung: Fahrradtour - Colbitzer Forstorte

Am 12. April trafen sich 20 Pedalritter zu einem Rundkurs zu ehemaligen Forstorten in der Nähe von Colbitz am Feuerwehrvereinsheim. Die Tour ist geführt vom Vereinsmitglied Klaus Gutsche. 

 

Vor dem Start ist an den 12. April  vor 80 Jahren erinnert worden. An dem Tag starb der Feldwebel Wilhelm Schuppenhauer, der als Parlamentär mit weißer Fahne unser Dorf Colbitz vor amerikani-schem Angriff schützen wollte. Er wurde hinterrücks erschossen. Die Amerikaner trafen erst am Folgetag gegen 15.30 Uhr, von Calvörde über Dorst, Born, Salchau aus Dolle kommend, hier ein.   

 

Vorbei an den Gebäuden der ältesten Oberförsterei von 1737, dem ehemaligen Treckerhof, einem forstlichen Technikstützpunkt von 1928 bis 1993, der ehemaligen Revierförsterei Dreilinden geht die Fahrt bis nach Rabensol. Der Forstort Rabensol tritt als Sitz der für die Forstverwaltung der gesamten Colbitz-Letzlinger Heide (C-L Heide) mit der Errichtung entsprechender Gebäude (1938 – 1940) in die neuere Geschichte ein. Der politisch selbstständige Forstamtsbezirk mit Sitz in der Oberförsterei auf dem Plan wird während der Weimarer Republik der politischen Gemeinde Colbitz zugeschlagen. Die Oberförstereien werden 1934 in Forstämter umbenannt. Das Forstamt Rabensol übt ab 1941 die Oberaufsicht über alle staatlichen Wälder der C-L Heide aus und wird darüber hinaus zum Oberjagd-forstamt, da hier ein Sonderjagdgebiet der Reichsregierung erklärt wird. Bis Oktober 1949 bleiben die bisherigen Forststrukturen erhalten. Dann werden Kreisforstämter gebildet. Diese sind für alle staatlichen, privaten und kommunalen Wälder zuständig. Für den Kreis Wolmirstedt wird es Raben- sol. 1952 sind in der C-L Heide drei Staatliche Forstwirtschaftsbetriebe (STfB) geschaffen. Der STfB  Colbitzer Heide bewirtschaftet Flächen aus den ehemaligen Forstämtern Colbitz, Burgstall und Kom-munalwäldern des Kreises Stendal, mit Sitz Rabensol. Weitere STfB: Gardelegen und Bischhofswald – später Haldensleben. Mit dem Jahresende 1969 wird der STfB Colbitzer Heide dem in Gardelegen zu- geordnet. Die Forstgeschichte Rabensol endet damit nach wenigen Jahren.

 

Der Magdeburger Großbetrieb für Messgeräte „Erich Weinert“ erwirbt die Liegenschaft Rabensol und nutzt sie ab 1971 als Schulungs- und Ferienobjekt für Betriebsangehörige. Privatfeiern von nicht Werksangehörigen sind möglich. Die Fußballer des FC Magdeburg führen hier Trainingslager durch. Mit Beginn der 1990er ist eine Treuhandanstalt zuständig. Das Grundstück gelangt in Privatbesitz und wird als Hotel mit Gaststättenbetrieb bewirtschaftet. Kurzzeitig wird die Heidebrauerei Colbitz Eigen-tümer, aber die Pläne zerschlagen sich schnell. Ein Einheimischer ist seit 2014 Besitzer des Komplexes und hat hier seinen Wohnsitz.

 

Nächste Station ist der Dolken. Für Generationen der Colbitzer die nächste Bademöglichkeit in einem kleinen Teich mitten in der Heide. Nach vielfacher Panzerdurchfahrt der Sowjettruppen ist diese Badestelle seit Jahrzehnten leider nicht mehr nutzbar. Wildschweine nutzen den verbliebenen Tümpel noch als Suhle. Eine versuchte Wiedervernässung in Zusammenarbeit mit dem Colbitzer Wasserwerk ist zu Beginn der 1990er Jahre leider nicht von Erfolg gekrönt gewesen. 

 

Auf einem Hügel, der ehemalige Standort des Feuerwachturmes. Ein erstes Exemplar, aus Holz in den 1920er Jahren errichtet, hatte eine Höhe von 48 m. Aus der Höhe konnte die gesamte Heide bis in den Norden überblickt werden. Das gefiel den Besatzungstruppen nicht. Sein Nachfolger aus Stahl hat nur noch eine Höhe von 32 m. Kaum bemerkt, verschwindet er bald nach 1990 aus dem Blickfeld durch Abriss. Ebenso die Wachtürme auf dem Zackelberg bei Neuenhofe und der, welcher rechts an der B 189 zwischen den ehemaligen Revierförstereien Golzhausen und Kesselsol seinen Standort hat.

 

Auf dem Biwakplatz der Jäger hinter der 1936 erbauten Revierförsterei „Jägerstieg“ überrascht ein vorösterlicher Versorgungsstützpunkt. Dankeschön an Achim und Silke. Das Revier Jägerstieg über-nimmt die Aufgaben der zur gleichen Zeit aufgelösten Revierförsterei Paxförde. Ehemals zwischen Neuenhofe und Hillersleben gelegen. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich der „Kamp“, eine  frühere forstliche Pflanzenanzuchtanlage des STfB. Durch die in der Forst tätigen „Kulturfrauen“ ist hier in körperliche schwerer Arbeit der Waldnachwuchs herangezogen worden, den sie dann auch in vielen Revieren der C-L Heide zur Aufforstung in die Erde gebracht haben. Auf dem genannten Gelände ist viele Jahre eine Schliefanlage eingerichtet gewesen. In einer Röhrenanlage sind Dachse und Füchse gehalten worden, zur Ausbildung von Jagdhunden. 

 

Das „Kleine Wasserwerk“ in der Nähe zur Meseberger Feldkannte war Anlass zu einem weiteren Zwischenstopp. Erinnert wurde an die Zeit der Errichtung der Wasserwerksanlagen, die Gewinnung und Aufbereitung zum Trinkwasser seit Beginn der 1930er Jahre bis heute und die Auswirkungen.

 

Zwangsläufig kamen auch die Waldbrände ins Gespräch, an deren Bekämpfung auch einige der Teilnehmer beteiligt gewesen sind. Da klingt schon Stolz durch, als vom Brand am 6. September 1986 die Rede ist. Ausgehend vom Handfeuerwaffenschießplatz an der Kaserne Hillersleben der Sowjet-truppen sind 125 ha Kiefernwald betroffen. Waldbrandpflug und Spaten und viel körperlicher Einsatz sind die Hauptangriffsmittel. Der Mut zum Gegenfeuer zeigt vollen Erfolg. Nach acht Stunden ist der Brand vollkommen unter Kontrolle. Drei Tanklöschfahrzeuge sind wegen ungünstiger Zuwegung kaum einsetzbar. Die Einsatzkräfte haben mit sehr viel Körpereinsatz und trotz Explosionsgefahr durch herumliegende Munitionsreste und Blindgänger mit viel Umsicht erfolgreiche Arbeit geleistet. 

 

Die letzte Station der Rundfahrt ist die ehemalige Revierförsterei Schneiderdamm. Als solche ist sie bereits 1816 nachgewiesen und so bis 1969 genutzt. Sie liegt im Jagen 1. Die Zahlenreihe endet mit Jagen 536 bei Kloster Neuendorf/Gardelegen. Die Vermessung und Einteilung der Jagen beginnt 1828/29 und jede Jagenecke wurde mit einem „Jagenstein“ gekennzeichnet. Ein Jagen 750 x 750 m groß entspricht einem Zehntel der preußischen Meile von 7500 m, die als Längenmaß vor der Einführung des heutigen Dezimalsystems bis 1871 früher üblich ist. Hintergrund ist eine eindeutige verwaltungstechnische Registrierung zur besseren forstliche Übersicht und Nutzung. Die Existenz einer Wassermühle in Richtung Samswegen ist bis 1841 nachweisbar. Die Gewinnung von Torf aus der Hägebachniederung zwischen 1850 und 1880 entzieht wahrscheinlich der Wassermühle die Existens. Der offensichtliche Bombennotabwurf vom Februar 1944, parallel zum Hägebach, und die Erstbesiedlung des Haidberges während des II. Weltkrieges durch Magdeburger Geschäftsleute finden Erwähnung. Nach dem Wegzug der letzten Forstangestellten aus Schneiderdamm haben Sicherheitsorgane der DDR für einige Jahre das Sagen. Die Nutzung wird später einem Kinderheim in Wolmirstedt zur Ferien- und Freizeitgestaltung übertragen. Umfangreiche Baumaßnahmen werden entsprechend einer kindgerechten Nutzung ausgeführt. Der Komplex erhält einen Anschluss an die Heidewasserleitung. Einige Bungalows und eine zentrale Abwasserkläranlage sind errichtet. 1990 stehen die Bauarbeiten kurz vor dem Abschluss. Alle bereits umgebauten drei Gebäude, drei neue Bungalows, massive Garagen wechseln, einschließlich eines umfangreichen Geländes für einen unverhältnismäßig geringen Kaufpreis, vom staatlichen Besitz an private Eigentümer.

 

Sehr schön und angenehm empfinden die Beteiligten einige ergänzende Anmerkungen bei den verschiedenen Zwischenstopps, die durch beteiligte Teilnehmer an passender Stelle geäußert werden. Dafür auch nochmals herzlichen Dank. 

 

Im Vereinsheim war alles zur Verköstigung nach der Tour vorbereitet. Die Grillbesatzung hat in bewährter Form sehr schnell Wunderbares zur Gaumenfreude angeboten. Dazu kommen sehr schmackhafte, vielseitige und interessante Salate. Vorbereitet zum Teil von den Tourteilnehmer-rinnen und auch von Vereinsmitgliedern, die zum Abschlussessen zur Gruppe dazu gestoßen sind.

 

Ein interessanter Nachmittag und Abend haben dem Leben des Colbitzer Feuerwehrvereins einen  weiteren Mosaikstein hinzugefügt. Herzlichen Dank allen Beteiligten für schöne Stunden.

 

Klaus Gutsche, Colbitz, im April 2025

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